Die Geschichte von Abdelaziz

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Abdelaziz, 9 Jahre, aus Addis Abeba (Äthiopien)

„Mach dir keine Sorgen, Oma. Eines Tages baue ich ein großes Haus für uns!“

Abdelaziz ist ein Junge mit vielen Gesichtern. Fragt man den Neunjährigen nach seinen Träumen, strahlen seine Augen und die Ideen überschlagen sich. Erzählt er vom Verlust seiner Eltern, wird er ernst und wählt seine Worte genau. Und massiert ihm seine Oma auf ihrem Schoß großmütterliche Ratschläge in den Kopf, wirkt er wie ein Katzenbaby. „Sei ein braver Junge. Lerne fleißig. Studiere aufmerksam.“ Die lehrsamen Streicheleinheiten zeigen längst Erfolg. An der alltäglichen Not der Familie ändern sie nichts.

Abdelaziz Vater starb vor zwei Jahren an den Folgen eines Unfalls. Ohne Eltern lebt der Junge aber von klein auf. Die Mutter hatte psychische Probleme, der Vater reiste als Vertreter durchs Land. „Manchmal kam er mich besuchen. Dann umarmte er mich und kaufte mir alles, was ich brauchte“, erinnert sich Abdelaziz. „Er hat mir versprochen, dass er wiederkommt und bei mir bleibt.“ Seine Stimme kratzt. Die Tränen versteckt er. Und als müsste er sich verteidigen, ergänzt er lispelnd: „Ich lebe gern bei Oma und Opa.“

Oma und Opa, das sind die 50-jährige Fatuma und der 61-jährige Kene. Auch Abdelaziz' Tante und seine kleine Cousine gehören zur Familie. Zuhause sind sie inmitten des Mercato von Addis Abeba, einem Irrgarten aus engen Gassen, mit tausenden Menschen und noch mehr Produkten. Zu fünft teilen sie ein einziges Zimmer unter dem Dach eines windschiefen Hauses. Viel gibt es darin nicht: ein Bett für die Kinder, ein paar Matratzen und Decken, Hocker und Stühle. Und was im Schrank keinen Platz mehr findet, hängt an bloßen Nägeln an der Wand.

Das war nicht immer so. „Wir wohnen hier schon seit unserer Hochzeit. Früher ging es uns gut“, erzählt Fatuma. Die Miete sei zwar noch immer günstig. Aber das Alter und der Tod von Abdelaziz‘ Vater mache ihr das Leben schwer. „Mein Mann ist sehr krank und kann kaum noch aufstehen. Ich kann auch nicht mehr arbeiten. Und seit uns unser Sohn nicht mehr unterstützt, müssen wir einen Teil des Hauses vermieten.“

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Die 1.000 Birr im Monat, knapp 40 Euro, sind ihr einziges Einkommen. Das reicht, um alle satt zu bekommen. Selten für mehr. „Schau dich um! Hast du Kinder?“ Fatuma, eine scharfsinnige Frau, lässt ihre Augen blitzen. „Schulsachen, Kleidung, gesundes Essen. All das, was Kinder brauchen, können wir unserem Jungen nicht bieten. Brot und Bohnen sind oft alles, was ich ihm geben kann.“ Abdelaziz beschwert sich nicht über seine Lage. Er möchte seinen Großeltern keinen Kummer bereiten. „Er benimmt sich wie ein alter Mann.“ Ruckartig richtet Fatuma ihr Kopftuch. Dass sie dabei auch hastig über ihre Augen wischt, beobachtet Abdelaziz traurig.

Fragt man Abdelaziz nach der Schule, vergisst er seine Sorgen schnell. Den weiten Weg bis ans andere Ende des Mercato geht der Drittklässler jeden Morgen mit großer Freude. Amharisch ist sein Lieblingsfach, vom Lesen bekommt er nicht genug. Nach der Schule setzt er sich zu seinem Opa auf die Matratze und übt. Der alte Mann, die Gebetskette in der Hand, flüstert tonlos mit und korrigiert seinen Enkel sanft.

„Wir wissen nicht, wie lange wir noch leben werden. Nur wenn er gut lernen kann, hat er eine Chance.“ – Diese Lektion seiner Großeltern hat Abdelaziz längst verstanden. „Ich möchte ein guter Schüler sein. Ich möchte Architekt werden und gut für meine Familie sorgen“, sagt er ohne Zweifel. Schon als er klein war, habe er sie immer mit den Worten beruhigt: „Mach dir keine Sorgen, Oma. Eines Tages baue ich ein großes Haus für uns!“ Fatuma lächelt stolz. „Er gibt uns Hoffnung! Was sonst sollen wir uns wünschen, als dass er glücklich wird und sein Traum wahr werden kann!“