Manars Vater starb, als sie zehn Jahre alt war. Daraufhin versuchte die Mutter, was sie nur konnte, um den Schmerz ihrer Tochter über den Verlust zu mildern. Und so lebte die heute 15-Jährige ein ruhiges und sicheres Leben. Sie war ihrer Mutter sehr nahe, spielte gerne mit ihren jüngeren Brüdern. Ihr Traum war es, einmal selbstständig zu sein, Mathematiklehrerin zu werden und ihren Schülern Dinge zu erklären.
Doch dann kam der Gaza-Krieg: Bei einer nächtlichen Bombardierung verlor Manar ihre Mutter, drei ihrer Geschwister und ihre Tante. Manar selbst sowie zehn weitere Familienmitglieder wurden bei der Flucht durch ein Raketengeschoss verletzt.
„Der Beschuss in unserer Nachbarschaft hatte sich stark erhöht. Wir fanden Schutz in einer Schule, die dann aber ebenfalls unsicher wurde. Als wir sie verlassen wollten, begann das Bombardement erneut. Auf einmal war überall Blut, alle lagen tot oder verletzt auf dem Boden. Ich sah Teile meines Körpers über mich hinweg fliegen. Ich schrie, doch alle waren verletzt und keiner konnte helfen“, berichtet Manar.
Manar wurde so schwer verletzt, dass ihre Beine amputiert werden mussten. In Jordanien erhielt sie zwar Prothesen, aber die jetzige Situation ist für sie dennoch sehr schwer. Heute lebt Manar bei ihrer Schwester.
„Das Schlimmste und Härteste sind ihre Albträume, sie wacht häufig auf und ist verängstigt” sagt ihre Schwester.
Das Gefühl extremer Angst hat Manar umschlossen. Manar sagt:
„Ich mag keine Stromausfälle; ich habe Angst vor der Dunkelheit, da ich mich nicht bewegen kann.”
Manars Ängste waren so groß, dass sie die angebotene psychosoziale Hilfe zunächst nicht annehmen konnte. Schließlich konnte Iman Jaber, Sozialarbeiterin von Islamic Relief, sie doch noch umstimmen, sodass sie heute an verschiedenen Aktivitäten teilnimmt; ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. „Extreme Angst und Schüchternheit bestimmen noch immer Manars Leben, trotz guter Behandlung seitens ihrer Familie. Doch sie ist ein Kind und war einem massivem Schock ausgesetzt; sie benötigt Hilfe und Unterstützung, um die Angst und die erlebte Krise zu überwinden.“ Manar möchte sich frei und ohne Einschränkungen in ihrem Haus bewegen.
„Ich bin gerne selbstständig, doch jetzt bin ich auf die Hilfe anderer angewiesen.”
Nach längerem Schweigen lächelt sie und sagt: „Ich wünschte unser Haus wäre nicht zerstört worden, sodass wir dorthin hätten zurückkehren und ein normales Leben führen können, wie vor dem Krieg.”